Zu Besuch bei Maskenschnitzer Arthur Moinat
Wenn es in den Tagen rund um den 5. und 6. Dezember dunkel wird, kann man sie schon von weitem hören – und dann schlägt selbst den Mutigen das Herz ein bisschen schneller: Die Krampusse sind unterwegs! Ihr unheimliches Aussehen haben sie auch Arthur Moinat zu verdanken: Der Holzschnitzer fertigt die kunstvollen Masken für Krampusse und Perchten. Wir haben ihn in seiner Werkstatt in Zell am See besucht und mit ihm über Tradition, die Faszination des Furchterregenden und seine Begeisterung für das Holzschnitzen gesprochen.
Bei unserem Besuch hat Arthur Moinat gerade die stressigsten Wochen des Jahres hinter sich: „Bis Mitte November kommen alle Kunden, darunter viele Gruppen – die sogenannten „Passen“ - ihre Masken abholen. Da ist ganz schön was los in der Werkstatt“. Jetzt, wo seine holzgeschnitzten Masken erst richtig zum Einsatz kommen, wird es bei ihm etwas ruhiger – zumindest bis in den Jänner, wenn die ersten Kunden wieder kommen, um die Masken für das nächste Jahr zu bestellen.
Von Schirchperchten & Krampussen
Arthur Moinat stattet beruflich die schaurigsten Gesellen der (Vor-)Weihnachtszeit aus: Er schnitzt Holzmasken für Krampusse und „Schirchperchten“, die gemeinsam mit den guten „Schönperchten“ auftreten.
Beide Bräuche – sowohl die Krampusse als auch die Schirchperchten – sind in der Salzburger Tradition fest verankert, unterscheiden sich aber grundlegend: Die Schirchperchten sind rund um die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel in den Rauhnächten unterwegs.
Durch ihr lautes Schellengeläut sollen sie die Wintergeister austreiben und die Berührung von den Rossschweifen, die sie bei sich tragen, bringt Glück, Segen und Fruchtbarkeit. Der Krampus hingegen ist als bestrafender und ermahnender Begleiter des Heiligen Nikolaus rund um die erste Dezemberwoche unterwegs.
Nicht nur ihr Ursprung und die Tage, in denen sie auftreten, unterscheiden Krampus und Schirchpercht, auch das Aussehen ist anders. Schirchperchtenmasken sind meist nur dreifärbig in schwarz, rot und weiß bemalt und haben drei Paar Hörnern. Dazu tragen sie Mäntel aus Schaf- oder Ziegenfell und große Schellen. Der Krampus hingegen ist der Gestalt des Teufels nachempfunden und ist daher in seinem Auftreten wesentlich vielfältiger.
Traditionell waren die Krampusse nur am 5. Dezember, dem Krampustag, und am 6. Dezmber, dem Nikolaustag, unterwegs – heute aber beginnen die großen Umzüge schon Mitte November und die teuflischen Gesellen treiben bis über den Nikolaustag hinaus ihr Unwesen: „Angst muss man aber weder vor Perchten noch vor Krampussen haben - außer man hat sich während des Jahres Sünden aufgeladen“ schmunzelt Arthur Moinat, der selbst seit seiner Kindheit als Krampus unterwegs ist.
Am Anfang war die Angst
War er also schon immer von der Tradition der Krampusse fasziniert? „Davon gehen alle immer aus, sobald sie von meinem Beruf hören“, sagt der 30-Jährige. Tatsächlich war es aber eher so, dass sich der Pinzgauer als Kind eher gefürchtet hat, wenn die Krampusse unterwegs waren.
„Aber meine Mutter war Bildhauerin und sie hat dann mit mir gemeinsam – als ich 5 oder 6 Jahre alt war – eine erste Krampusmaske geschnitzt.“ Mit dieser Maske hat er dann begonnen, selbst als Krampus zu laufen. „Das Thema hat mich schnell fasziniert und nie wieder losgelassen“, erinnert er sich. 2010 hat er dann begonnen, selbst Krampusmasken zu schnitzen, hat am Anfang noch jede Maske vorher modelliert, um sie dann in Holz auszufertigen.
Das Handwerk des Schnitzens lernte er sich selbst - durch üben, üben, üben: Während seiner Arbeit als Raumausstatter ging er jeden Abend nach der Arbeit in die Werkstatt, um zu schnitzen. „Das Schnitzen ist für mich seit damals meditativ. Es macht mir viel Spaß und fordert mich immer aufs Neue heraus. Das Schönste daran ist der Prozess, wie Schnitt um Schnitt etwas Neues entsteht und du dem Holzblock Leben einhauchst“, sagt er über seine Leidenschaft. Mittlerweile hat er diese Passion zu seinem Beruf gemacht.
Ein möglichst authentischer Schrecken
Bei seinen Krampusmasken achtet er stets darauf, dass die Masken, die Larven, möglichst authentisch aussehen. „Ich möchte bei meinen Masken keine Fiktion erzeugen, eine Larve muss stets als Larve erkennbar sein. Das ist für mich der einzige Anspruch, den sie stellt. Am besten soll sie so wirken, als würde sie schon 30 Jahre lang am Dachboden auf ihren Einsatz warten“, sagt Arthur über seinen Stil.
Seine Masken fertigt er aus Holz sowie aus Aluminium, Bronze oder Messing. Plastikhörner kommen für ihn nicht in Frage. „Ich verwende kaum Plastik sowie Hörner und Felle von großteils heimischen Tieren. Ich habe also einen Beruf, mit dem ich fast keinen Müll produziere – und wer kann so etwas heute noch behaupten?“, sagt er nicht ohne Stolz.
Seine Werke haben mittlerweile eine große Fangemeinschaft: Aus den wenigen Masken, die er am Anfang für seine Freunde und sich selbst schnitzte, sind im Laufe der Jahre unzählige geworden – wie viele es genau pro Jahr sind, kann Arthur gar nicht sagen.
Seine Kunden schätzen seinen Stil und sind auf der Suche nach authentischen Masken. „Manche Kunden kommen mit recht klaren Vorstellungen zu ihrer Maske. Noch lieber mag ich es aber, wenn ich nach eigenen Ideen arbeiten kann. Man muss sich nämlich auch immer dem Holz anpassen, mit Maserungen und Astlöcher arbeiten. Die Gesichter stecken schon vorher im Holz“, erklärt er.
Das ganze Jahr über den Krampus im Kopf
Der schwierigste Part beim Maskenschnitzen sei aber gar nicht nur das Schnitzen selbst: Es ist auch das Bemalen, das den Unterschied ausmacht. Arthur arbeitet bei seinen Masken mit einem Fassmaler zusammen, rund die Hälfte der Masken malt er aber auch selbst. Die Preise für seine Masken starten bei etwa 600 Euro und steigen je nach Ausführung.
Geschnitzt wird in Arthurs Werkstatt in Thumersbach (Ortsteil von Zell am See) eigentlich das ganze Jahr über – bis auf wenige Wochen im Dezember. „Am besten im 'Flow' bin ich dann im Frühling. Dann sind alle Bestellungen abgeschlossen und ich kann den ganzen Tag konzentriert arbeiten, selbst am Samstag und Sonntag bin ich dann in der Werkstatt“, erzählt er.
Leidet er manchmal an Werkstatt-Koller? „Nein, ich mach das nach wie vor sehr gerne“, sagt er. Und es erfülle ihn immer mit Freude und Stolz, wenn er dann bei Auftritten die Passe in seinen Masken sieht und die unmittelbaren Reaktionen des Publikums erlebt.
Früher war er selbst als Krampus oder Percht bis zu zehn Mal im Jahr in ganz Österreich unterwegs. Heute wirft Arthur sich nur mehr selten in Schale – oder besser gesagt in sein Fell: Dann tritt er bei einzelnen Läufen als Krampus oder Percht auf.
Am liebsten ist er allerdings bei Hausbesuchen dabei oder mit den Zeller Tresterern als „Schircher“ unterwegs. Dieses spezielle Brauchtum kann nur mehr in wenigen Gemeinden (darunter Zell am See) erlebt werden. Der uralte Schönperchtentanz ist eine Art Bettelbrauch, bei dem man von Haus zu Haus zieht.
„Es ist schön mit dem Publikum zu spielen“, sagt er. „Es ist spannend zu sehen, wie Menschen, die dich eigentlich gut kennen, auf dich reagieren, wenn dich eine Maske unkenntlich macht“, erklärt er die Faszination.
BLOSS KEINE ANGST!
Und was sagt er zu Menschen, die Angst vor dieser Tradition haben? „Die Maske abnehmen würde ich persönlich nie. Ich finde, wenn man Krampus ist, ist man Krampus - und diese Figur soll unter keinen Umständen entmystifiziert werden. Aber gerade bei Kindern komme ich gerne auf Augenhöhe, zeige, dass wir eigentlich freundlich sind, wenn sie das ganze Jahr über brav waren.“ Auch in seiner Werkstatt seien Kinder natürlich willkommen: Dann sehen sie, dass hinter der gruseligen Maske vor allem ein besonderes Handwerk steckt.