Tourismus in Zell am See-Kaprun Georg Segl über den Tourismus in Zell am See-Kaprun

Es ist nicht so, dass es in Zell am See nicht immer schon schön gewesen wäre. Die Berge aber wurden erst im 19. Jahrhundert als Ort der Sehnsucht entdeckt. Zuvor wurden sie vor allem als Hindernisse empfunden, nicht selten gar als gefährlich. Auch die Menschen in Zell am See konnten ein Lied davon singen, wurde der Ort doch immer schon von schweren Unwettern verwüstet. Doch mit dem Aufkommen des Alpinismus, den vor allem die Engländer vorantrieben, änderte sich die Sicht auf die Berge, und sie wurden als schön, erhaben und damals schon als eine besonders ursprüngliche Form der Natur wahrgenommen.

EIN „MALERISCHES“ ÖRTCHEN

So waren es auch die Maler, die im 19. Jahrhundert nach Zell am See kamen, um nicht nur das einmalige Bergpanorama von den verschiedenen „Malerwinkeln“ am See aus festzuhalten. Auch der Marktplatz mit seinem Brunnen und der beeindruckenden Kirche war als Motiv gefragt.

Die Künstler und die Pioniere des Alpinismus, welche die Gipfel der Hohen Tauern als Ziel hatten, nächtigten damals in sehr einfachen Unterkünften. Das waren Kämmerchen in Wirtshäusern oder bei Bauernfamilien, mit dem nötigsten ausgestattet und weit davon entfernt, was man sich heute unter Komfort vorstellt. Einen Sinn für „Fremdenverkehr“ hatte damals noch kaum jemand, und die Gegend war dafür auch noch nicht bekannt.

Ein preußischer Tourismuspionier

Der wichtigste Pionier des hiesigen Tourismus war Rudolf Ehrenfried Riemann – ein echter „Bergfreund“ aus Preußen. Auf seine Anregung hin wurde die Sektion Pinzgau des Alpenvereins gegründet, deren Vorsitzender er auch war. Unter seiner Leitung entwickelte der Verein kontinuierlich Wanderwege durch die Berge der Region. Riemann hielt leidenschaftliche Reden vor den Einheimischen und motivierte sie, Gästebetten zu schaffen, um die vielen Reisenden unterzubringen, die bald in den Pinzgau kommen sollten. Viele begegneten seinen Reden mit Misstrauen, höchstwahrscheinlich aufgrund seiner Herkunft.

MIT VOLLDAMPF VORAUS

1875 aber gab es kein Zurück mehr: Es fuhr nun ein Zug durch Zell am See, der Salzburg mit Tirol verband. Die „Giselabahn“ brachte viele Gäste nach Zell am See und es kam zu einem wahren Bauboom. In kurzer Zeit entstanden unter anderem das Hotel Elisabeth, das Grandhotel am See, das Hotel Seehof, der Pinzgauer Hof und das Seehotel Bellevue in Thumersbach. Daneben bauten einige Privathäuser die von Riemann geforderten „Fremdenzimmer“ dazu, es entstanden viele Pensionen und Villen. Man kann tatsächlich von einer Zeller „Gründerzeit“ sprechen, welche mit dem Bau der Eisenbahnstrecke begonnen hatte.

SOMMERFRISCHE FÜR BETUCHTE GÄSTE

Die Gäste damals waren Sommerfrischler. Viele entstammten wohlhabenden Familien aus Wien, die der Hitze (und vor allem auch der schlechten Luft) der Stadt entflohen. In Zell am See erwartete sie ein schon anständiges touristisches Angebot: So gab es eine Schifffahrt, die Panorama-Rundfahrten anbot, die Seebäder luden zum Schwimmen ein und es gab schon Ausflugsfahrten zu den Krimmler Wasserfällen und den Almböden in Kaprun – dort, wo sich heute die Stauseen befinden. Auf die Schmittenhöhe konnte man entweder zu Fuß wandern, oder sich aber mit Wägelchen, die von Mulis gezogen wurden, hinaufkutschieren lassen. Diese hatten den Vorteil, dass man den Blick während der Fahrt talwärts richten konnte, um die Aussicht zu genießen, für die die Schmittenhöhe bald in der ganzen Monarchie berühmt war. Nicht zuletzt der Besuch von Kaiser Franz Joseph und Elisabeth trug dazu bei!

DIE ERSTE SEILBAHN SALZBURGS

Knapp neun Jahr nach dem Ende der Monarchie, setzte man mit dem Bau der Schmittenhöhebahn im Jahre 1927 jedoch neue Maßstäbe im Tourismus. In wenigen Monaten konnte dieses Mammutprojekt abgeschlossen werden: Spatenstich war im Mai und bereits am 31. Dezember fuhr die erste Seilbahn Salzburgs auf den Gipfel der Schmittenhöhe! Der Bau der Bahn fiel in die Zeit der Wirtschaftskrise, der Anfang war also alles andere als leicht. Hitlers „Tausend-Mark-Sperre“ von 1933 trug ihr Übriges dazu bei, dass die Bahn schon wenige Jahre nach ihrem Bau in die Krise kam.

DER TOURISMUS BLÜHT AUF

Nach dem Zweiten Weltkrieg aber ging es steil bergauf: Das „Wirtschaftswunder“ brachte individuelle Mobilität und Freizeit, welche die Leute gerne in den Bergen verbrachten. Außerdem begann sich der Wintertourismus während der 1960er-Jahre zu einem Massenphänomen zu entwickeln und auf der Schmittenhöhe entstanden viele neue Lifte und Seilbahnen. Zell am See wurde zu einem „Zwei-Saisonen-Ort“ und stieg in die Liga der erfolgreichsten Tourismusdestinationen der Alpen auf.

ZELL AM SEE UND KAPRUN

Seit 1968 besteht eine enge Kooperation mit dem Nachbarort Kaprun, das 1965 den Gletscher des Kitzsteinhorns für den Skilauf erschlossen hatte. Unter dem Titel „Europa Sportregion“ bewarb man „See und Schnee das ganze Jahr“ – schließlich bot man auf kleinstem Raum ein Freizeitangebot, das man in dieser Kombination sonst nirgendwo finden konnte. Dieses Rundum-Erlebnis wurde in den 1980er-Jahren um einen Golfplatz erweitert, der heute zu den schönsten der Alpen zählt und mit seiner 36-Loch-Anlage regelmäßig Spielstätte internationaler Turniere ist.


AUDIO: Skifahren am Gletscher, Schwimmen im See Eine einzigartige Möglichkeit

TRADITION UND FAMILIÄRE VERBUNDENHEIT

Heute ist die Region Zell am See-Kaprun eine der ganz wenigen Ganzjahres-Urlaubsdestinationen, die auf eine so lange Tradition und reiche Geschichte zurückblicken können. Die Gäste merken das unter anderem an den vielen Hotelbetrieben, die nach wie vor von Familien geführt werden, teilweise in vierter und fünfter Generation! Auch das Bekenntnis zur Wahrung eines Lebensraumes, zum Naturschutz und respektvollen Umgang mit historischer Bausubstanz steht für diese Region. Schließlich wissen auch die Menschen, die hier leben und arbeiten, dass sie an einem ganz besonderen Fleck Erde wohnen.

WORK-LIFE-BALANCE IN REINKULTUR

So auch Georg Segl, ehemaliger Obmann des Tourismusverbandes in Zell am See. Er entstammt einer Hoteliersfamilie mit einem Traditionsbetrieb in Schüttdorf, den er mit seiner Gattin Christine in vierter Generation führt. Segl weiß die Vorzüge der Region auch privat zu schätzen: Eine Mountainbike-Tour mit anschließender Abkühlung im See ist etwa so ein Highlight, das sich der Hotelier gerne in seiner spärlichen Freizeit gönnt.


AUDIO: Vom Radtrikot in die Badehose Nach dem Mountainbiken eine Abkühlung

Im Winter nutzt er die frühen Morgenstunden, um eine schnelle Abfahrt über die „Standard“ zu machen, die einstige Weltcup-Strecke, die zur Talstation der Schmittenhöhebahn führt.

Georg Segl genießt die Vielfalt, welche die Region zu jeder Jahreszeit zu bieten hat, und die den Menschen, die hier leben und arbeiten, ebenso wie den Gästen zur Verfügung steht. Er freut sich natürlich auch über den Erfolg, der Zell am See-Kaprun beschieden ist. Schließlich verzeichnet die Region jährlich knappe 2,8 Millionen Nächtigungen!

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