Historischer Blick Zell am See Rainer Hochhold über Stadtplatz, Vogtturm und Stadtpfarrkirche

Historiker Rainer Hochhold über die Geschichte von Zell am See-Kaprun

Die Geschichte von Zell am See geht weit zurück. Erstmals wurde der Ort im 8. Jahrhundert schriftlich erwähnt, jedoch gibt es Keramikfunde bereits aus der keltischen Zeit vor 3000 Jahren. Ein Kupfergeschirr  aus römischer Zeit zeigt, dass bereits zur Römerzeit ein Handelsweg in Richtung  Süden bestand. Der Handel spielte für Zell am See eine große Rolle.


AUDIO: Die ersten Funde des heutigen Zell am See Cella in Bisontio

DER STADTPLATZ, DER VOGTTURM, DIE STADTPFARRKIRCHE

Die dreieckige Fläche des heutigen Stadtplatzes hat sich in den vielen Jahrhunderten seines Bestehens nicht geändert, wohl aber das Aussehen des Platzes. Früher floss sogar ein Bächlein über den Platz, und es standen dort auch ein Brunnen und eine stolze Linde. 

Zahlreiche Darstellungen von bekannten Landschaftsmalern, die im 19. Jahrhundert in diese Gegend kamen und neben der herrlichen Natur auch den Zeller Marktplatz als lohnendes Motiv nutzten, vermittelten uns das Wissen auf ihren Darstellungen. So war etwa der Brunnen zuerst aus einfachem Holz gemacht, die um ca. 1840 von einer Marienstatue abgelöst wurde. 

Mit dem Bau einer geregelten Wasserversorgung war der Brunnen obsolet geworden und er wurde 1894 schließlich entfernt. Die große Linde war schon etwa 20 Jahre zuvor einem Sturm zum Opfer gefallen. So wirkte der Stadtplatz um die Jahrhundertwende etwas karg. Lediglich ein Laternenmast zierte den Platz, der später entfernt und durch ein Wetterhäuschen ersetzt wurde.

Der damalige Bezirkshauptmann, Ernst Pachmann, klagte im Jahre 1923: „Weinen könnte man, wenn man den Marktplatz von heute mit dem vor fünfzig Jahren vergleicht und man sollte es nicht für möglich halten, dass Mangel an Heimatliebe und Schönheitssinn in so kurzer Zeit ein so historisch-ehrwürdiges Bild zerstören konnten.“

MARKTPLATZ, STADTPLATZ, SCHAUPLATZ …

Fünf Jahre später, im Jahre 1928, wurde Zell am See zur Stadt erhoben und der Markt- zum Stadtplatz. An seinem Aussehen änderte sich leider damals nur wenig. Erst in den 1950er-Jahren regte sich der „Schönheitssinn“ der Zellerinnen und Zeller wieder, und es wurde ein Marmor-Brunnen aufgestellt. 1973 wurde die Stadt durch die Schaffung einer Fußgängerzone autofrei, ein Jahr später stand am Stadtplatz erstmals seit fast 100 Jahren wieder ein Lindenbaum, und seitdem erstrahlt der Platz wieder in vollem Glanz. 

Die unebene Lage des Stadtplatzes vom Vogtturm zur Kirche hin, lässt sich gut an der Fensterfront der Bezirkshauptmannschaft erkennen. Dies ist den zahlreichen Vermurungen geschuldet, die der Schmittenbach im Laufe der Jahrhunderte mit sich brachte. Daher muss man heute über ein paar Treppen hinabsteigen um zum Haupteingang der Kirche zu gelangen.

Das Häuserensemble mit dem Vogtturm, der Kirche und dem ehemaligen Pflegschaftsgebäude wurde gezielt nebeneinander geplant und als Ganzes verwirklicht. Wer aber die Auftraggeber waren, ist nicht sicher. Vielleicht waren es die Grafen aus dem nahen Bayern, die einst die Klosterzelle gegründet hatten?

Seit jeher ist der Stadtplatz Zentrum des Zeller Geschehens. Dient er heute als Veranstaltungsort für Konzerte, Märkte oder Veranstaltungen, war er früher auch Ort für Bürgerversammlungen, ein wichtiger Handelsknotenpunkt und gar Schauplatz von nicht immer erfreulichen Spektakeln. Zwei Mal im Jahr verlas der Landrichter (Pfleger) der Zeller Bevölkerung dort  die Rechte und vor allem Pflichten, die sie gegenüber der Obrigkeit hatten.

Der Vogtturm

Eines ist gewiss: Der Erbauer des Zeller Vogtturms hat Zell am See eines seiner markantesten Gebäude geschenkt. In den Jahrhunderten seines Bestehens wechselte er häufig Funktion und Besitzer. Als Bauwerk, das seit 1984 im Besitz des Bankhauses Carl Spängler & Co. AG ist, prägt der Vogtturm weiterhin das Stadtbild und fügt sich neben der Stadtpfarrkirche schön mitein.

DIE STADTPFARRKIRCHE

Ähnlich wie der Vogtturm verrät auch die Stadtpfarrkirche keine Details über ihre Erbauung. Bei einer Renovierung der Kirche in den 1970er-Jahren kam jedoch ein keltisch-römischer Reliefstein zum Vorschein. Diese wurde in früheren Zeiten als Kennzeichen für den Sieg des Christentums über die Heiden in Kirchen eingemauert, und so kann der Stein vermuten lassen, dass sich an diesem Ort schon im Altertum ein heidnischer Kultplatz befunden haben könnte.

HIPPOLYT UND MARIA

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Klosterzelle, der Zell am See seinen Namen verdankt, im 8. Jahrhundert n. Chr. von einem bayerischen Adelsgeschlecht gegründet wurde. Sie ist dem Hl. Hippolyt von Rom geweiht, ein Heiliger, der in Österreich sehr selten als Patron vorkommt und eher im bajuwarischen Raum vorkam. Interessant ist, dass sich neben der heutigen Stadtpfarrkirche, damals Klosterkirche , eine weitere Kirche befunden hat, die der „Heiligen Maria im Wald“ geweiht war. Diese Marienkirche ist allerdings dem großen Brand von 1770 zum Opfer gefallen und wurde nicht mehr aufgebaut. An sie erinnert die kleine Marienkapelle, die vier Jahre später am selben Ort gebaut wurde.

NOCH EIN STATTLICHER TURM

Die Stadtpfarrkirche besticht nicht nur mit ihrer Geschichte, sondern auch mit ihrem Mix aus romanischen und gotischen Elementen. Während ihres Bestehens wurde die Kirche zwischen dem 9. und dem 15. Jahrhundert mehrfach um- und neugebaut. Der große Westturm entstand wahrscheinlich am Ende des 15. Jahrhunderts.

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